Balthasar Glättli

Nationalrat

Eingereicht am: 19.06.2015

19.06.2015 - 15.3756
Stufe: Nationale Vorstösse
Stand der Beratung: Erledigt

Der Bundesrat wird um Auskunft zu den folgenden Fragen gebeten:

1. Wie viele unabhängige Websites führt der Bund?

2. Warum will der Bund ein einziges, grosses CMS (Adobe AEM) für alle Websites des Bundes einführen, obwohl die Einproduktestrategie den eigenen Zielen widerspricht?

3. Wie teuer sind die Lizenzgebühren für AEM für eine einzige, neue Website?

4. Welche Lizenzgebühren gehen heute bzw. in Zukunft total an Adobe für AEM?

5. Welche Ämter setzen heute welches CMS ein?

6. Weshalb gab es einen mehrmaligen undurchsichtigen Wechsel bei der CMS-Weisung A007 des ISB?

7. Welche Probleme bestehen bei der Einführung des neuen CMS Bund?

8. Welche internen und externen Kosten fallen bei der CMS-Migration auf AEM für die Bundesverwaltung an?

9. Welche Bundesstellen tragen die Migrationskosten von heute voll funktionsfähigen Websites auf AEM?

 

Begründung:

Gemäss Medienberichten fanden 2013 eine CMS-Ausschreibung durch das BIT und kurz danach eine weitere CMS-Ausschreibung durch das VBS statt. Die Festlegung auf eine Programmiersprache wurde bereits in der Anfrage 13.1021 thematisiert. Beide Male erhielt die gleiche Firma mit dem proprietären Produkt Adobe Experience Manager (AEM) den Zuschlag. Diese Doppelspurigkeit verursachte Kritik bei der Prüfung durch die EFK.

Seit zehn Jahren postuliert die Open-Source-Strategie des Bundes die Standardisierung auch einer günstigen CMS-Lösung. Diese Mehrproduktestrategie soll „mehr Auswahlmöglichkeiten und mehr Wettbewerb“ bringen.

Gemäss Standard A007 des Informatiksteuerungsorgans des Bundes (ISB) waren seit 2006 bis vor Kurzem dennoch ausschliesslich die proprietären Produkte Imperia und Communiqué zugelassen.

Anfang 2015 wechselte der Standard A007 zuerst auf das Einzelprodukt AEM, dann auf die alte Version der Standardisierungsweisung. Gemäss der neuesten Version 2.0 des Standards ist aktuell nur noch das Produkt AEM zugelassen. Dieses Hin und Her auf der Website des ISB geschah intransparent ohne ersichtlichen Grund.

Aus dem Bedürfnis heraus, kostengünstige und unkomplizierte CMS zu verwenden, haben die Departemente WBF und EDA Open-Source-CMS wie Typo3 oder WordPress eingeführt, setzen diese lizenzkostenfreien CMS seit Jahren produktiv ein und würden weiterhin mit diesen günstigen Lösungen arbeiten wollen. Warum sollten diese nicht weiterentwickelt werden dürfen, sondern auf eine teurere Einheitslösung migriert werden müssen?

 

Stellungnahme des Bundesrates vom 26.08.2015:

1. Die internen Leistungserbringer des Bundes betreiben aktuell 161 unabhängige Websites für die Departemente und die Bundeskanzlei.

2. Der Informatikrat Bund (IRB) hat 2003 für Content-Management-Systeme (CMS) eine Mehrproduktestrategie mit einer Konzentration auf zwei Produkte beschlossen. 2011 zeichnete sich ab, dass sowohl die Imperia-Installation im BIT wie die Communiqué-Installation der FUB bald das Ende ihres Lebenszyklus erreichen würden. Gemäss Beschaffungsrecht mussten sie neu ausgeschrieben werden. Das BIT entschied sich, ein Produkt auszuschreiben, das Imperia ablösen sollte und vom BIT selber betrieben würde. Im VBS suchte man stattdessen einen externen Anbieter, der einen gesamten CMS-Service einschliesslich der Weiterentwicklungen im Rahmen des Lebenszyklusmanagements anbietet, wobei der Anbieter das Produkt bestimmt und betreibt. Zufälligerweise hat in beiden Fällen ein Angebot basierend auf dem Produkt AEM den Zuschlag erhalten. Der IRB empfahl dem Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) am 25. März 2013, dass künftige CMS-Anwendungen nur noch auf dem zu evaluierenden BIT-Produkt bzw. dem durch das VBS beschafften CMS-Service (Dienst) realisiert werden sollten. Das ISB hat in der Folge eine modifizierte Zweiproduktestrategie vorgegeben. Aufgrund der Empfehlungen der EFK von 2014 zu den beiden neuen CMS-Lösungen hat das ISB das Produkt, das gemäss WTO-Ausschreibungen sowohl vom BIT wie vom VBS gewonnen hat, als Standardprodukt vorgegeben. Ziel dieses am 27. Januar 2015 vom ISB verabschiedeten Standards ist es zu verhindern, dass im Bund weitere CMS-Lösungen beschafft werden, bevor der Bundesrat über die Einführung eines Standarddienstes CMS entschieden hat. In diesem Rahmen wird der Bundesrat auch die kurz-, mittel- und langfristigen Steuerungs-Leitplanken (Standardisierungsvorgaben, Bestimmung der Leistungserbringer, Service- und Produktausgestaltung, Migrationsszenarien usw.) für die Führung von CMS für die ganze Bundesverwaltung festlegen.

3. Das VBS hat eine Dienstleistung mit externem Web-Hosting und Weiterentwicklungsmöglichkeiten (CMS-Service) beschafft. Die erforderlichen Softwarelizenzen für die AEM-Nutzung wurden im Rahmen des Projektes CMS VBS einmalig, also nicht pro Website, an die Anbieterin vergütet. Die Kosten der CMS-Lizenzen der BIT-Lösung berechnen sich auch nicht nach Anzahl der Websites, sondern nach Servern und Benutzern (Administratoren, Redaktoren und Reviewer). Das BIT rechnet pro Website mit einem durchschnittlichen künftigen Anteil der Lizenzgebühren von 13 Prozent. Je nach Ausprägung der Site (Micro, Standard und Professional) beträgt der Kostenanteil somit 600 Franken, 2900 oder 6400 Franken pro Jahr.

4. Im Moment kann nicht definitiv festgelegt werden, welche Ämter welches Angebot nutzen werden und welche Lizenzkosten somit künftig total anfallen (siehe dazu Antwort 3). Bis Mitte 2016 werden im Marktmodell CMS das kurz-, das mittel- und das langfristige Betriebsmodell festzulegen sein.

5. Die Ämter der Departemente EDI, EFD, WBF und UVEK sowie die Bundeskanzlei setzen heute Imperia ein. Davon sind zehn Websites bereits auf AEM BIT migriert. EDA, EJPD, VBS sowie Meteo Schweiz und BFS setzen AEM bzw. die Vorgängerversion Communiqué ein. Im WBF wird für eine Website Typo3 eingesetzt. Nicht aufgeführt sind Ämter, die für spezifische Fachanwendungen andere CMS-Systeme verwenden.

6. Wegen veränderter Prozesse wurde Anfang 2015 die Vorlage für alle Standards überarbeitet. Irrtümlicherweise wurde durch das ISB eine veraltete Version von A007 auf die neue Vorlage migriert und publiziert. Nachdem der Fehler bemerkt worden war, wurde die korrekte Version aufgeschaltet.

7. Weitgehend unabhängig davon, von welchem Produkt zu welchem Produkt migriert wird, bestehen gleiche Herausforderungen (Ausbildung, Datenmigrationen, Softwareanpassungen von Speziallösungen usw.) wie bei anderen Migrationen auch.

8. Seitens der Leistungserbringer fallen pro Website Kosten für Dienstleistungen, je nach Ausprägung der Site, zwischen 5700 und 59 000 Franken an. Die internen Personalkosten seitens der Leistungsbezüger können, je nach Migrationsverfahren und Bedarf an Überarbeitung der Informationen, sehr stark variieren. Die Imperia-Websites können zum Teil automatisiert migriert werden. Das VBS überarbeitet mit der Migration gleichzeitig systematisch die Informationsarchitektur, es wird für die eigenen Websites keine automatisierte Datenmigration durchführen. Das VBS rechnet dadurch im Durchschnitt mit Personalkosten von 246 000 Franken pro Website.

9. Die Verwaltungseinheiten bezahlen die Migrationskosten für ihre Websites (inkl. der Realisierung ihrer Spezialwünsche).